Geschichte Schwingclub Wil

Am Mittwoch, 12. Oktober 1921, abends um 9 Uhr, fanden sich elf begeisterte Nationalturner im Restaurant Ochsen in Wil ein. Anwesend waren: Anderes Ammann, Jakob Schüepp, Josef Hässig, Otto Hotz, Willy Gyger, Fritz Lüthi, Paul Ziegler, Viktor Stählin, Johann Hof stetter, Hans Gribi sowie Seniorschwinger Adolf Mühlemann. An dieser denkwürdigen Versammlung wurde unter der Leitung von Anderes Ammann die Schwingerriege Wil als Unterriege des Stadtturnvereins Wil aus der Taufe gehoben. In den ersten Vorstand wurden gewählt: Anderes Ammann, Präsident; Otto Hotz, Aktuar; Jakob Schüepp, Kassier, sowie Andres Ammann und Josef Hässig als Übungsleiter. Die Gründer und ihre Nachfolger hatten viele Hindernisse zu überwinden, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Wir dürfen dankbar feststellen, dass die damalige berzeugung und der gezeigte Einsatz für unseren schönen und bodenständigen Nationalsport sich lohnte. Es ist deshalb die Aufgabe der gegenwärtigen und der zukünftigen Funktionäre, den Kurs der Gründer, welche uns manchen Stein aus dem Weg geräumt haben und den wir deshalb viel unbeschwerlicher begehen können, weiter zu verfolgen. Mit der Gründung dieser Riege wollte man den jungen Burschen vom Stadtturnverein die Gelegenheit bieten, sich in der Kunst des urchigen und bodenständigen Schwingens zu üben und nicht zuletzt die Förderung desselben in unserer Region erreichen. In den Statuten wurde festgehalten, dass alle Mitglieder der Schwingerriege gleichzeitig Aktiv- oder Passivmitglied des Stadtturnvereins Wil sein müssen. Damit die Sennenschwinger, die keinem Turnverein angeschlossen sind, auch in Wil Gelegenheit bekamen, der Schwingerriege beizutreten, und nicht zuletzt, weil der Stadtturnverein kein Übungslokalzur Verfügung gestellt hatte, löste sich die Schwingerriege 1949 vom Stadtturnverein und schloss sich dem Toggenburger Schwingerverband an. 1957 wurden auch die Statuten so abgeändert, dass bei der Aufl ösung der Schwingerriege das Vermögen und das Material nicht mehr dem Turnverein in Verwahrung zu übergeben wäre, sondern dem Toggenburger Schwingerverband. Damit war die Schwingerriege eine Untersektion des Toggenburger Schwingerverbandes geworden. Als Ergänzung wurde auch der Name 1963 auf Schwingclub Wil geändert. Gleichzeitig wurden neue Statuten aufgestellt und an der Hauptversammlung vom 16. Februar 1963 genehmigt. Die fi nanziellen Einkünfte der jungen Riege bestanden aus Bussen, allfälligen freiwilligen Beiträgen, sowie aus dem Reinerlös der Schwingfeste. Die Busse betrug 20 Rp. pro Schwinger, der ohne triftigen Grund die Schwingübung versäumte. Mit diesen bescheidenen Einnahmen mussten alle Auslagen bestritten werden. Der Kassier war um diese schwere Aufgabe nicht zu beneiden.

Die Bilanz der ersten Jahresrechnung sah wie folgt aus:

  • Einnahmen 11.30 Fr.
  • Ausgaben für Holzschrauben 0.40 Fr.
  • Nettoeinnahmen 10.90 Fr

Erst im Jahr 1931 wurde für die Aktivschwinger ein Jahresbeitrag von 2.– Fr. erhoben, der die Bussen ersetzte. In den fünfziger Jahren aber hatte die Teuerung derart zugenommen, dass einige Jahre Defi zite entstanden, die sich auf die Kasse empfi ndlich auswirkten. Um nicht eines Tages vor leerer Kasse zu stehen, entschloss sich der Vorstand 1962, einen Lottomatch durchzuführen, der für die Kasse einen erfreulichen Zustupf brachte, so dass er nun jedes Jahr zur Durchführung gelangte. Grosse Sorge bereitete den Gründern das Übungslokal. Robert Rohner, damaliger Depotchef der Löwenbräu in Wil, stellte grosszügigerweise einen Raum gratis zur Verfügung. Zuerst dort, wo sich die Wohnung des Depotchefs befand,später zwischen der Waschküche und dem Eiskeller. Als die Garagen gebaut wurden, konnten die Schwinger den Raum über den Garagen benützen. Es waren keine idealen Schwingplätze, jedoch mussten sich die Schwinger damit begnügen. Geduscht wurde nach den Übungen im Freien mit einem Schlauch und kaltem Wasser, Sommer und Winter! Während des Zweiten Weltkrieges war das Schwinglokal dauernd vom Militär belegt. Als sogar eine Eingabe ans Militärdepartement in Bern nichts nützte, richtete man vorübergehend in der Scheune des Restaurants Scheidweg einen Schwingplatz ein. Hier blies der Wind durch alle Ritzen, was besonders im Winter empfi ndlich spürbar war. Da das Schwinglokal über den Garagen der Löwenbräu auch nach dem Krieg häufi g von Militär belegt war und bei grosser Kälte im Winter Übungen unmöglich waren, wurde nach einem besseren Übungslokal gesucht. Endlich 1955 durfte die Schwingerriege einen Schwingkeller vom KTV am Klosterweg beziehen. Hier konnten die Schwinger wenigstens warm duschen. Doch der Raum war zu klein, enthielt kein einziges Fenster und die Lüftung war ungenügend. Die Bemühungen um einen neuen, der Zeit entsprechenden Schwingkeller in der Turnhalle Sonnenhof und nachher in der Spielund Sportanlage Bergholz fruchteten nichts. Endlich ging dann aber ein lang ersehnter Wunsch 1965 in Erfüllung, als das Ehrenmitglied Paul Schmitt mit viel Geschick und klugem Vorgehen den Bau eines Schwingkellers aushandeln konnte. Die Schulgemeinde Wil stellte in diesem Jahr den Wiler Schwingern einen der schönsten Schwingkeller der Ostschweiz im Mattschulhaus zur Verfügung. Mit Beiträgen der Gemeinde, Sporttoto sowie mit Sammlungen konnten die Kosten der neuen Schwingmatte von rund 5000.– Fr. gedeckt werden. Dass Höhen und Tiefen in einem Verein einander ablösen, musste auch der Schwingclub Wil erfahren. Die Krisen- und Kriegsjahre hatte er schadlos überstanden, doch 1959/60 drohte beinahe das Ende des Schwingclubs, denn nur noch einzelne Schwinger trainierten sporadisch im Schwingkeller. Manch einer musste ohne Training nach Hause kehren, weil kein Trainingspartner erschien. Mit Hilfe intensiver Werbung und nicht zuletzt dank der Initiative der sechs Gebrüder Kuhn erlebte der Schwingclub in den Sechziger Jahren einen tollen Aufschwung. Zuerst wurde das nicht mehr so hygienische Sägemehl, rund 45m3, 1961 ausgewechselt. Nun begann im Schwingkeller wieder ein reger Betrieb und die Zahl der Aktiven stieg innert kürzester Zeit auf über 30 an.Wenn es den Wiler Schwingern auch nie zu einem Schwingerkönig reichte, gab es doch immer wieder markante Schwingerpersönlichkeiten, die auf den Schwingplätzen gefürchtet waren und manch einen Gegner ins Sägemehl betteten. Das zeigen die Erfolge der Wiler Schwinger während den 75 Jahren. Den grössten Erfolg durfte Peter Güntensperger feiern, als er den begehrten eidgenössischen Kranz 1980 in St. Gallen erkämpfte. Zur Förderung des Nachwuchses führt der Schwingclub seit 1967 jährlich einen Buebeschwinget durch. Sechsmal fand dieser Anlass im Schwingkeller statt und ab 1973 jeweils im Frühjahr auf dem Hofberg. Dieses Jahr fand er in Gähwil die 24. erfolgreiche Aufl age, denn seit 1992 wird der Buebeschwinget jedes zweite Jahr in Gähwil durchgeführt.Damit den Jungschwingern aus dem Raum Kirchberg, Bazenheid und Gähwil in nächster Nähe Trainingsmöglichkeiten geboten werden können, kaufte der Schwingclub 1984 eine spezielle Schwingermatte für Jungschwinger. Dazu durfte der Schwingclub die Turnhalle in Kirchberg je einen Abend lang pro Woche benutzen. Seit 1989 bot Alfred Kurmann, Käsermeister, Tannen, Gähwil, in seiner Scheune einen Raum gratis als Trainingslokal an. Nur dank diesem zusätzlichen Übungslokals kann der Nachwuchs gefördert und erhalten werden. Denn der Schwingernachwuchs rekrutiert sich fast nur noch aus ländlichen Gebieten. Den jungen Burschen aus der Stadt fehlen leider die nötige Robustheit und vor allem die Ausdauer und der starke Wille. In einer alten Chronik ist erwähnt, dass schon 1889 ein Ostschweizer Schwingfest in Wyl (Wil SG) durchgeführt wurde: Den Toggenburger Verbandsschwingertag organisierten die Wiler neun Mal. Der St.Galler Kantonale Schwingertag fand 1944, 1972, 1984 und 1996 in Wil statt. Mit grossem Erfolg wurde 1957 in Wil auf der Sonnenhofwiese der NOS-Schwingertag durchgeführt. 1996 durfte der Schwingclub Wil seinen 75. Geburtstag feiern. Aus diesem Anlass führte er mit dem Jodlerclub Wil zusammen erfolgreich den 82. St.Galler Kantonal Schwingertag auf dem Bergholz in Wil durch. Heute wie morgen ist die Nachwuchsförderung die vornehmste Aufgabe des Schwingclubs Wil. Das Erreichte allein darf ihm nicht genügen; denn nur der Nachwuchs ist die Zukunft und das Kapital des Schwingclubs. Nun blicken wir vorwärts. Man darf erfreulich feststellen, dass sich der Schwingclub Wil während den 75 Jahren nicht nur behauptet hat, sondern in dieser Zeit zu einem starken und erfolgreichen Verein herangewachsen ist. Die Verantwortlichen müssen nun dafür sorgen, dass das angetretene Erbe im Sinn und Geist der Vorgänger verwaltet wird, ohne sich den Herausforderungen der Zeit zu verschliessen. Das Erreichte allein darf nicht genügen; man muss sich den kommenden Aufgaben beherzt stellen und dahin wirken, den Jungen das Schwingen unverfälscht weitergeben. Das nächste Ziel: 100 Jahre erfolgreicher Schwingclub Wil.

Ueli Kuhn

1997-2009

Nachdem wir im Jahr 1996 unser 75-jähriges Bestehen gefeiert und den St.Galler Kantonalen Schwingertag in Wil durchgeführt hatten, kehrten wir 1997 wieder um Alltag zurück. Den Buebeschwinget hielten wir in Rossrüti ab und Fredi Kurmann konnte sich am 8. Juni den begehrten Bergkranz am Stoss-Schwinget mit einem Sieg über den Berner Eidgenossen Samuel Feller sichern. Somit klassierte er sich im 6. Schlussrang. 1998 stand ganz im Zeichen des «Eidgenössischen» in Bern vom 29./30. August. Die ganze Saisonvorbereitung der Schwinger lief auf diesen Tag hinaus. Umso erfreulicher war es, dass auch zwei Wiler Schwinger sich für diesen bedeutenden Anlass qualifi zieren konnten, und zwar Fredi und Martin Kurmann. 1999 war dann wieder eher ein ruhiges Jahr. Wir organisierten unsere Feste, die wir jedes Jahr durchführen, wie den Wiler Buebeschwinget, und den Klubschwinget. Einen kleinen Helfereinsatz hatten wir noch an der SM der Biker, die in Wil stattfand und an der erstmals durchgeführten Barbecue Weltmeisterschaft, die ebenfalls in Wil durchgeführt wurde.

Das Millennium überstanden wir auch gut. Das wichtigste Ereignis aber war der Helfereinsatz am 1. Schwägalpschwinget mit ca. 280 Stunden. Im 2007 erreichten wir als Spitzenwert für unseren Klub 618 Stunden Arbeitseinsatz. Zum ersten Mal führte der Schwingklub neben dem Buebeschwinget ein Schülerschwinget durch. Wir erhofften uns, so Werbung bei den Jungen für unseren Sport zu machen. Und es zahlte sich aus. So fanden sich ein paar neue Jungschwinger mehr im Training ein und einige blieben dem Sport auch treu. Im 2002 konnte Martin Kurmann seinen ersten Bergkranz feiern, den er am Brünigschwinget vom 28. Juli erkämpfen konnte (Rang 7a). Dominik Schuler feierte seinen ersten Kranz am 2. Juni am St.Galler Kantonalen in Waldkirch. Ein Jahr später erfuhren dieses Erlebnis auch Daniel Rieser am Glarner-Bündner Kantonalen und Peter Durrer am Bündner-Glarner Kantonalen 2003 zum ersten Mal. Im Jahr 2004 fand wieder ein Eidgenössisches» statt, diesmal in Luzern (21./22. August). Vom Klub konnten diesmal Martin Kurmann und Daniel Bösch mitmachen. Daniel gilt in unserem Klub als die grosse Nachwuchshoffnung. 2005 führten wir anstelle des Buebeschwingets, den St. Galler Kantonalen Buebeschwinget durch. Am 8. Mai fanden sich 303 Buben auf dem Gelände des Ifang in Bazenheid ein, um in fünf Kategorien den Stärksten unter sich auszumachen. In Müselbach bauten wir bei der Käserei den Schweinestall, der im Besitz der Familie Kurmann ist, zu einem Schwingkeller um. Damit hatten wir Trainingsmöglichkeiten für die Zeit, während in Wil das Mattschulhaus umgebaut wurde (2007-2008). Zudem konnten wir den Jungen und Aktiven aus der Region eine nähere und neuere Alternative (Sommer- und Herbstferien) als Trainingsmöglichkeit bieten. 2007 war das Jahr von Daniel Bösch, der am «Eidgenössischen» in Aarau seinen ersten Eidgenössischen Kranz erschwungen hatte. Das war für uns etwas Fantastisches; gelang es bis dato doch erst einmal einem Wiler Schwinger, einen Eidgenössischen Kranz zu erringen, und zwar Peter Güntensperger am Eidgenössischen in St. Gallen im Jahr 1980. Neben Daniel Bösch haben auch Daniel Rieser und Dominik Schuler am «Eidgenössischen» teilnehmen dürfen. Sie schlugen sich gut. Leider schieden sie nach vier Gängen aus. Am 20. September 2008 konnten wir unseren neuen Schwingkeller im Mattschulhaus am Tag der Offenen Tür einweihen. Gleichzeitig führten wir unseren Klubschwinget durch, der viele begeisterte Zuschauer anlockte. Allen Aktiven, Passiven, Freundenen und insbesondere unseren Ehrenmitgliedern danke ich recht herzlich im Namen des Schwingclubs Wil für ihre Unterstützung. Wir freuen uns auf die nächste Zeit und die Jahre die auf uns warten bis zu unserem 100. Geburtstag.

Peter Durrer